Man hat mir erzählt, dass Ausländer auf Teneriffa nicht mehr willkommen sind und es deutschen-feindliche Äußerungen in der Lokalpolitik gab. Wie ist das spürbar? Wie sind die Canarios gegenüber Ausländern eingestellt? Gibt es auch Anfeindungen und Übergriffe und wie oft kommt sowas vor?
Ich fühle mich etwas verunsichert.
Wie sind eure Erfahrungen dazu?
Derartige Erfahrungen habe ich nicht gemacht und auch noch nie davon gehört.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Canarios besonders ausländerfeindlich sind. Über 70% des BIP der Kanaren sollen aus dem Tourismus stammen. Naja, manche mögen auch ihre Arbeitgeber nicht, obwohl sie uns bezahlen. Vielleicht ist es sowas in der Art.
Ausländerfeindlichkeit gibt es leider.
Ich bin mit vier Jahren nach Teneriffa gezogen. Am Anfang habe ich wenig mitbekommen. Ich war zuerst in einer tollen Schule die mich gleich integriert hat, mit tollen Lehren und guten Mitschülern. Nach der 6. bin ich dann ins Instituto gewechselt und wie hier so üblich, hatte ich dort sehr mit meinem Anderssein zu kämpfen (blond und blauäugig). Im Laufe der Zeit musste ich lernen, dass es auf Teneriffa zwar ganz liebe und nette Menschen gibt, aber leider viele ausländerfeindlich sind, vor allem deutschenfeindlich, speziell auf den Behörden!
Es gibt auf den Kanaren ganz klar Fremdenfeindlichkeit. Die geht aber meistens von Ausländern selbst aus, beispielsweise von Deutschen zum Thema Flüchtlinge.
Eine besondere Deutschen-Feindlichkeit habe ich selten wahrgenommen. Nur sollte man sich stets im Klaren sein, dass man so behandelt wird, wie man es herausfordert. Wir Deutsche sind leider nicht die offenherzigsten und freundlichsten Menschen auf diesem Planeten und haben einen gewissen Ruf, der uns vorauseilt. Nämlich unser hohes Anspruchsdenken und wenn wir unzufrieden sind, werden wir hektisch, fordernd und arrogant. Das kommt bei der einheimischen Bevölkerung verständlicherweise nicht gut an.
Wer hingegen freundlich auftritt, sich verständnisvoll an die Gewohnheiten hier anpasst und bei Konflikten locker bleibt, wird selten negative Erfahrungen mit Einheimischen oder Beamten machen.
Die Kanaren sind ein Einwanderungsland und ohne Ausländer gäbe es hier heute noch nur Tomaten und Bananen. Das wissen die meisten auch.
Aber stelle Dir einfach einmal vor Du arbeitest in Deutschland an einer Kasse und es kommt ein Türke der plötzlich auf Dich einredet und Du verstehst kein Wort. Dann versuchst Du auf englisch mit ihm zu sprechen und das funktioniert nicht. Stattdessen wird er aufbrausend und wedelt mit den Händen rum. So in etwa verhalten sich viele Deutsche, aber auch Engländer hier auf Teneriffa. Diese Menschen meinen Ausländerfeindlichkeit erfahren zu haben, stattdessen war es mehr Reaktion auf Aktion.
Auf den Kanaren ist es so wie in allen Regionen mit Arbeitskraefte Ueberschuss. Wer hier her kommt und erklaert, dass er hier nur Leben und Geld ausgeben moechte ist herzlich willkommen. Wer hingegen auf den hiesigen Arbeitsmarkt moechte ist ein potenzieller Mitbewerber und somit nicht mehr so willkommen.
Das wird er beim Umgang mit Behoerden Mitarbeitern sehr schnell bemerken. Mitbewerbern am Arbeitsmarkt werden Steine in den Weg gelegt, reinen Konsumenten werden Wege geebnet.
Eine Auslaenderfeindlichkeit waere hier auch schwer realisierbar, da diese in der Mehrheit sind.
Auch ein Spanier ist hier ein Auslaender, ebenso saemtliche Suedamerikaner und Afrikaner.
Fuer die wenigen echten Canarios ist eher der Spanier der Feind. Spanien kassiert einen Grossteil der Tourismus Einnahmen der Inseln und Spanien bestimmt die Gesetze.
Danke für den nachvollziehbaren Klartext!
Bei all meinen Besuchen auf den Kanaren habe ich in 25 Jahren nie Erfahrungen mit Fremdenfeindlichkeit gemacht. Ich empfand die Einheimischen und auch das Personal in den verschiedenen Dienstleistungsbranchen immer als sehr freundlich und zuvorkommend. Und sobald ein Gast sich bemüht, ein paar Worte Spanisch hervorzubringen, freuen sie sich so sehr darüber, dass man sich noch willkommener fühlt.
Oh ja, genau so ist es! Auch wir, seit 43 Jahren begeisterte Teneriffa-Besucher, haben die Erahrung gemacht, daß die Canarios überaus liebenswürdige, freundliche Menschen sind, vor allem gegenüber Touristen. Jedesmal wenn ich mich um ein paar spanische Wörter bemühe, merke ich wie sich die Einheimischen freuen.
Ich erlebe auf Teneriffa sehr viel mehr Offenheit und Hilfsbereitschaft als in Deutschland. Könnte Geschichten erzählen, die das Forum sprengen würden. In meinem Dorf grüßt man jeden auf der Straße. An der Bushaltestelle wird man in Gespräche miteinbezogen. Dabei wird mir immer wieder die Freude darüber ausgedrückt, dass ich hier lebe, uneigennützig, einfach ein herzliches Bienvenido, oft verbunden mit einer Einladung zum Kaffee. Als mein Riesencontainer aus D ankam, war das halbe Dorf auf den Beinen, um zu helfen. Geld wollten sie nicht annehmen, musste das mit Geschenken regeln. Als mein Auto monatelang Mucken machte und nicht ansprang, ist keiner so einfach vorbeigefahren. Was immer ich suche, erfrage ich bei Nachbarn oder in der Papeleria, mit einem kleinen Plausch und Höflichkeit. Und siehe da, es wurde für alle meine Belange jemand gefunden. Da geht es nicht um Geld. Gardinen kürzen für zwei Euro, da schämte ich mich sogar. Last not least war ich letzten Sommer ausschließlich mit Einheimischen Champions League schauen. Bayern und Dortmund haben Barca und Real rausgehauen. Das ist schlimm für einen Spanier. Da standen aber plötzlich ganz viele Gläser vor mir mit den Worten: Glückwunsch, wenigstens eine freut sich heute. Allerdings protze ich hier auch nicht rum oder hänge mein Deutschtum raus.
Wenn man auf Teneriffa nicht nur Urlaub macht und den Leuten genau zuhört, bekommt man oft mit, was über Deutsche gedacht wird. Das wundert mich auch nicht. Viele kommen mit viel Geld her und kaufen sich irgendwo ein Haus aber sprechen nach Jahrzehnten kein ausreichendes Spanisch. Und viele Deutsche versuchen alles umzukrempeln und maßen sich an, den Einheimischen ihre Arbeits- und Lebensweise aufzudrängen. Dass deutsche Touristen trotzdem so nett und freundlich empfangen werden, liegt an den toleranten Canarios und nicht an unserer vermeintlichen Beliebtheit.
Diese arrogante Gebaren unserer Landsleute habe ich leider auch schon oft erlebt. Im Supermarkt, auf Behörden, im Geschäftsleben, usw. und immer von Deutschen ausgehend.
Bei den letzten Wahlen haben die Rechten deutlich aufgeholt. Uns macht das Sorgen und erschreckt uns. Macht ihr euch auch Gedanken über die erstarkenden rechten Parteien in Spanien?
Mir machen diese Parteien schon irgendwie Angst. Die schaffen es mit Ihrer Rhetorik immer mehr Leute zu angeln. Genauso schlimm finde ich aber auch die isolationistischen Bestrebungen. Brexit und Katalonien zeigen, dass sich die Menschen teilweise benachteiligt fühlen, was meiner Meinung nach aber gar nicht stimmt. Angeheizt mit Halbwahrheiten oder sogar totalen Lügen folgen diesen Leuten einfach zu viel Menschen. Aber nur gemeinsam ist man stark. Und Fremdenfeindlichkeit ist in unserer heutigen Welt völlig fehl am Platz.
Gestern wollten ein paar Leute in Santa Cruz friedlich gegen die rechtsextreme VOX demonstrieren, die gerade im Messezentrum tagten. Sie wurden von der hiesigen Polizei zusammengeknüppelt. Und wenn man sich manche hasserfüllten Kommentare in den Zeitungen zum gestrigen Vorfall anschaut, erkennt man ganz klar Rechtsradikalismus und keine entspannten Canarios mehr.
https://www.youtube.com/watch?v=Ruxme4RjbQw
Es macht mich traurig, dass so etwas passiert und besorgt mich, auf wessen Seite die Polizei steht.
Auch wenn einem diese Tendenzen Angst machen können, so sollte man sich nicht verängstigen lassen. Fremdenfeindliche "Spinner" gibt es leider überall. Ich kann aber nichts dergleichen hier feststellen. Im Gegenteil. Wir haben hier in kürzester Zeit viele einheimische und auch nicht einheimische Freunde gefunden.
Manchmal frage ich mich aber doch, ob manche hier lächeln, weil wir immer nett sind oder weil Sie mein gruseliges Spanisch so lustig finden(kleiner Scherz)
Ich stimme dir zu und aus eigener Erfahrung nichts Negatives berichten. Wobei der angespannte Wohnungsmarkt auch bei meinen kanarischen Bekannten immer öfter ein Thema ist, welches natürlich mit uns Ausländern in Zusammenhang gebracht wird.
Vor wenigen Tagen hat ein deutsches Maklerbüro (Engels & Völkers) zur Eigenwerbung stolz verkündet, dass 80% ihrer Kunden im Süden Ausländer seien, so als wäre dies ein Qualitätsmerkmal. Diese Werbung kam bei den Einheimischen natürlich gar nicht gut an, sondern löste Aufregung aus und wurde in den asozialen Netzwerken mit reichlich ausländerfeindlichen Aussagen kommentiert.
Die Canarios sind einfache, tolerante und friedliche Gesellen und können mit uns Rest-Europäern ganz gut leben, zumal wir denen nicht auf der Tasche liegen sondern in der Regel ausreichend Geld bringen.
Ich kenne hier viele Deutsche, die wie ich, seit 20 oder 30 Jahren hier leben. Einige von denen sprechen sehr gebrochen und andere so gut wie gar kein Spanisch. Die fühlen sich ausgegrenzt und gemieden. Sind sie auch, weil sie sich nicht einleben wollen. Kultur und Sprache gehören eben mit dazu, so wie wir das von Ausländern selbst auch immer gern einfordern.
Wer hier lebt, solltet Spanisch sprechen können. Die Einheimischen sind nämlich in Wirklichkeit nicht so tolerant, wie viele glauben. Wenn sie einen Vorteil haben, akzeptieren sie Ausländer zähneknirschend aber innerlich sieht es nicht so aus. Man hat kein Verständnis für Ausländer, die nicht die Sprache sprechen.
Und so eine dumme Werbung heizt die Stimmung gegen uns Ausländer auf? Vielen Dank an Engels & Völkers! Ein Makler von denen gab mir gegenüber mal zu, nach vielen Jahren auf der Insel noch kein Spanisch zu können weil er es nicht braucht. Na klasse! Langsam wie auf Mallorca hier.Zitat von Rainer
Nach den letzten Wahlen in Spanien fürchte ich, dass das Ausländerthema bald wieder stärker in den Fokus der Neofaschisten rückt und sich deshalb alle politischen Lager damit beschäftigen müssen. Unter Ausnutzung der Coronakrise hat VOX in Kastilien-León nun bereits 18 % einfangen können. Die zunehmende nationalistische Stimmung könnte bei Teilen der Bevölkerung auch in Ausländerfeindlichkeit münden.
Leider teile ich deine Befürchtungen.
Die Frage ist die nach der persönlichen Betroffenheit. In den Städten Los Cristianos und Playa de las Americas beginnt die Jagdsaison auf Touristen. Touristen werden teils offen angefeindet.
https://x.com/CanarioToday/status/1660035189806968833
https://www.fredica.org/es/la-federa...urismofobia-en
Woran erkennen die Einheimischen die Guiris? Ich erinnere mich an eine sehr füllige Frau, die sich durch den Ortskern von Los Cristianos wälzte, bekleidet mit Sandalen und einem Bikini-Oberteil. Das Unterteil sah ich erst auf gleicher Höhe mit ihr, es wurde von der Fettschürze verdeckt. So würde diese Frau ganz sicher nicht durch ihre Heimatstadt watscheln. Mich hat der Anblick irritiert, im Gegensatz zu den Einheimischen war ich in Urlaub. Den Einheimischen werden solche Gestalten das ganze Jahr über zugemutet. Ich selbst trage Schuhe, Jeans und T- oder Poloshirt, und Polizisten grüßen zurück.
Hier müsste die Politik wohl etwas besser gegensteuern.
Die Tinerfeños müssen durchschnittlich niedrigere Löhne hinnehmen und gleichzeitig mit den gestiegenen Preisen und dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum zurechtkommen.
Was bedeutet denn "gegensteuern"?
Wohnraum für EU-Personen teurer machen?
Mindestlohn im Tourismus-Bereich erhöhen und Urlaub für wohlhabende Deutsche verteuern?
Wenn ich so manches Verhalten von Urlaubenden und Immigranten betrachte und die Folgen für die Canarios, dann kann ich diese Ergebnisse nachvollziehen. Und ich bin noch nicht lange hier. Die lokale Gemeinwohl Ökonomie Gruppe scheint es nicht mehr zu geben, das wäre mal ein erster Ansatz, im Tourismus GWÖ zu etablieren...
Jede*r von uns kann was beitragen. Im Urlaub: nicht die billigste Unterkunft buchen, sich mit den lokalen Gepflogenheiten vertraut machen. Als Zugereister die lokalen Läden besuchen statt Lidl. Sich engagieren für die Locals. Nicht bekifft Auto fahren.
Unterstützer/in
Ich wurde gestern von einheimischen Nachbarn persönlich darüber "informiert" dass zwei Deutsche den aktuellen Wandbrand verursacht haben. Habe sofort nach einer Nachricht gesucht und nichts gefunden. Als ich sie damit zur Rede stellte nur Achselzucken. Auch das ist eine Form von Fremdenhass. Sie haben es mir als Deutschen erzählt um was zu bewirken? Ich bin immer noch ratlos was das sollte.
Bist du sicher daß du deine Nachbarn auch richtig verstanden hast, dein Spanisch scheint ja nicht sooo gut zu sein?
PS. Fremdenhass habe ich hier noch nie erlebt.
Davon habe ich auch mitbekommen. Kursiert auf TikTok und dort auch allerlei angebliche Beweise für die Untätigkeit der Feuerwehr. Gesellschaftliche Hetze vom Feinsten, staatlich gefördert im Auftrag der chinesischen Regierung (aber das ist ein anderes Thema).
Ich wünsche mir sehr, dass du deine Feststellung auch noch in 10 oder 20 Jahren so eindeutig wiederholen können wirst. Leider verfängt vieles der Online-Hetze zunehmend in der Bevölkerung, was auch den Aufstieg der Faschisten erklärt. Für viele meiner kanarischen Freunde ist VOX die Lösung aller Probleme. In deren Programmatik sind Ausländer die Projektionsfläche für viele Missstände im Land.
Unterstützer/in
Das Erstarken der Faschos ist mindestens in ganz Europa zu beobachten. In 4 der 5 "neuen" Bundesländer in Deutschland sind die Rechten mittlerweile die stärkste Kraft. In einigen europäischen Ländern gar an der Regierung. Da sollte uns nicht wundern, dass auch die Kanaren nachziehen und die üblichen Ressentiments bezüglich der Generalschuld der Emigranten auch hier auf offene Ohren trifft. Nur leider sind wir hier die Einwanderer.
Ich denke auch, dass durch massive und schon lange anhaltende Propaganda, seitens der Kriegstreiber nördlich/östlich der Ukraine und deren Kumpels in der Volksrepublik die Fronten in den europäischen Ländern immer mehr verhärten werden.
Das trifft immer auf offene Ohren bei Unbelesenen, Benachteiligten und die, die meinen benachteiligt zu werden. Wenn diesen die Spaltung gelingt, haben sie Erfolg. Da hilft nur Aufklärung.
In zwei Wochen bin ich auf Teneriffa, genauer in Los Cristianos.
Ich würde gerne einheimische Lokale besuchen, zumal ich mein Spanisch für alltagstauglich halte. Bedenken habe ich wegen der negativen Haltung der Einheimischen den Touristen gegenüber. Mit welchen Reaktionen muss ich rechnen? Werde ich im Lokal, in der Bar, als Mensch akzeptiert oder als Guiri abgewiesen?
Unterstützer/in
Wie kommst Du auf die Idee, hier irgendwo abgewiesen zu werden? Sei es bei den Nachbarn, der lokalen Verwaltung, in Bars, kleinen Läden, egal ob in meinem Ort oder anderswo, ich wurde bisher meistens freundlich bis sehr freundlich empfangen und behandelt. Die Herzlichkeit und Offenheit, die einem hier oft begegnet, findet man in Deutschland nur sehr selten. Ich hatte bisher nur einen eher unfreundlichen Menschen im Baumarkt, der mir recht unmissverständlich und wenig freundlich klar gemacht hat, dass ohne Spanisch nix geht.
Zitieren
Lesezeichen